Das ganze Leben im Kampf (31.10.2019)

 

Александр Майснер

 

Beim Entwerfen eines biografischen Artikels stellt sich immer eine Frage: womit beginnen? Hält man sich an die Chronologie, gäred es gewöhnlich und lang. Und wen interessieren schon Einzelheiten aus einem fremden Leben? Deshalb hält man sich besser nicht an die Form, sonder an das Wesen, den Kern. Der lässt sich kürzer darstellen. Ich beginne mit einem Zitat aus einem autobiografischen Brief, den ich im Sommer 1988 an das ZK der KpdSU geschrieben habe. Das Zitat ist lang, aber in ihm ist der Kern dessen enthalten, worüber ich schreiben möchte.

Am 17. Juni 1988 also wandte ich mich an das ZK der KpdSU mit einem Brief folgenden Wortlauts:

„Um den Kern dessen, worüber ich erzählen möchte, deutlich zu machen, muss ich weit zurückgreifen, und zwar zu dem Punkt, dass ich zur unpassendsten Zeit geboren wurde: im Jahre 1937. In einem Jahr des Erstarkens (genauer gesagt, der Entfesselung) des Faschismus und des Stalinismus (nennen wir die Erscheinungtn jener Zeit einmal so).

Als Folge dieser Ereignisse wurde ich als vierjähriges Kind aus einem formalen Grund (Zugehörigkeit zur deutschen Nation) für – wie sich dann herausstellen sollte – 16 Jahre aus dem Wolgagebiet nach Sibirien verbannt, verbunden mit dem Verbot, den zugewiesenen Wohnort zu verlassen – unter Androung von 20 Jahren Lagerhaft bei eigenmächtigem Verstoß hiergegen.

Im Folgendem kam es mehr als einmal vor, dass der Vorsitzende unserer Kolchosenabteilung mich auf seinem Pferd mit vorgehaltenem Gewehr nach Hause begleitete und so meine Versuche unterband, wärend der Ferien meinen Onkel ünd seine Frau zu besuchen. Aber das war später.

Gleich nach unserer Ankunft in Sibirien im tiefen Herbst mit minimalem Gepäck wurden wir Kinder – ich, zwei Schwestern und zwei Brüder, der älteste 15 Jahre alt – in einem Einzelhaus angesiedelt, und unsere Mutter (Vater war zu jener Zeit schon verstorben) wurde in die Arbeitsarmee einberufen zu Holzarbeiten, irgendwohin weit weg von unserem Wohnort. Ich weiß nicht, inwiefern es bewusst so gemacht wurde, doch lässt sich das Wesen dieser Maßnahme wie folgt beschreiben: Soll die Mutter ruhig schuften, der nicht arbeitstaugliche Nachwuchs kann allein krepieren...

Aber Mutter flüchtete aus der Arbeitsarmee. Nachts. Durch die Taiga. Flüchtete in der festen Überzeugung, dass sie für diese Tat mit ihrem Leben bezahlen würde. Aber es gab keine Wahl. „Zu Hause“ waren fünf zurückgeblibenen, die ohne sie verloren waren. Deshalb nach Hause, für einen Tag, eine Stunde, einen Moment!.. Schlislich hat eine Mutter, anders als ein Beamter, ein Herz.

So merkwürdig es ist, alles ging gut. Mutters Flucht kostete sie nicht das Leben. Sie wurde nicht einmal erneut einberufen. Warum, weiß ich nicht. Am ehesten wird irgendjemandes Schlampigkeit der Grund gewesen sein.

Wie dem auch sei, mit der Rückker unserer Mutter jedenfalls bekamen wir die Chanze zu überleben. Und wir überlebten – sofern man das, was mit uns geschah, überhaupt Leben nennen kann...

Obwohl das Gedächtnis doch auf Gutes ausgerichtet ist, kann ich mich nicht an einen hellen Tag meiner Kindheit erinnern. Nicht an einen einzigen! Kaum zu glauben. Offenbar habe ich meine Kindheit überschprungen und es damit dem Volk gleichgetan, das übergangslos, unter Auslassung von Zwischenstufen, von einer Geselschaftsform in eine andere übergangen war. Daher kommt wohl auch das Ungewöhnliche an meinem Zustand.

Nicht an Helles erinere ich mich, sondern an ewige Kälte in der sibirischen Holzhüte bis zur Erschöpfung. Ich erinnere wich an „festliche“ Momente, wenn es gelang, aus dem Mühlsteine der selbstgebauten Mühlen 10 – 15 Gramm mehlgestäubte Späne zusammenzukratzen, die wie durch ein Wunder nach dem letzten Vühlgang und vielmaligem Auskratzen zurückgeblieden waren, und aus ihnen ein improvisiertes Brot zu backen. Und das ungeachtet dessen, dass zu jener Zeit alle Familienmitglieder außer mir arbeiteten. Und wie! Meine Mutter und meine ältere Schwester arbeiteten auf dem Feld, praktisch rund um die Uhr, in zerrissenen Schuhen, bis zu den Knöcheln im Schmelzwasser. Meine jüngere Schwester arbeitete im Viehzuchtbetrieb von vier Uhr morgens bis Mitternacht. Mein älterer Bruder hatte ab dem Alter von 13 die Rolle des Schmieds, als einziger im Dorf, während des Krieges und der Nachkriegzeit. Praktisch sämtliche landwirtschaftlichen Geräte gingen durch die Schmiedewerkstatt. Nach Hause kam mein Bruder spät, fiel um vor Müdigkeit und schlief hungrich ein. Hungrich nicht vor Müdigkeit, sonder weil es nichts zu essen gab.

Die Arbeit bestimmte den gesamten Lebensablauf. Auser der Arbeit gab es nichts. Nicht einmal Lohn. Kann man den halben Sack Korn und den Sack Kleie, den mein Bruder für ein Jahr titanenhafter Arbeit bekam, etwa Lohn nennen! Ein Jahr Arbeit!.. Wobei von diesem „Einkommen“ noch Steuer bezahlt werden mussen: für Haustiere, die er nicht hatte; für den Boden, den zu nutzen keine Zeit war!.. Die Rechtsprechung des Landes ließ das zu. Sie ließ alles zu – so viel Einfallsreichtum brachten die Gründer der Ordnung auf, und so sehr fehlte es an Verstand zu begreifen, dass bei einem Halbtoten auch mit Mitteln der Sonderkommandanturen nicht viel zu holen ist.

Mit Hilfe der mir zur Verfügung stehenden Literatur habe ich einmal das Leben der Sklaven im antiker Rom mit unserem damaligen Leben gegenübergestelt. Es stellte sich heraus, dass die Sklaven in Rom im Vergleich mit uns wie im Paradies lebten.

Natürlich bleiben diese Ereignisse, die an einen offenen Genozid grenzten, für uns (und nicht nur für uns) nicht ohne Folgen. Meine ältere Schwester starb mit 28 Jahren, meine Mutter mit 49, mein älterer Bruder mit 51. In der Tiefe der sibirischen Provinz getrieben, von übermäßiger Arbeit niedergedrückt und von Krankheiten überwältigt, starb mein Bruder, ohne seinen Rücken gerade gebogen zu haben. Anders als die Gladiatoren im Rom, starb er nicht auf den Beinen, sondern liegend, ohne einen letzten Versuch zu unternehmen, nach dem Vorbild eines antiken Sklaven seinen Speer nach dem Feind zu werfen – nicht dem, der ihm unmittelbar gegenüber stand, sonder dem, der hoch oben in der Loge saß und sich am fremden Blud vergnügte. Nein, auch eine solche letzte Freiheitsbekundung blieb meinem Bruder versagt. Und so starb er still, in Demut – im Geiste der Zeit!.. Zeitgemäß waren auch die äußeren Atributte: ein Eisenbett im hintersten Winkel eines überfüllten Zimmers im heruntergekommenen Regionskrankenhaus – gans in der Nähe des Ortes gelegen, an den er einst verbannt worden war. Einsam, von niemandem gebraucht, aus irgendeinem Grund sehr klein geworden, so lag er da, kaum wiederzuerkennen.

In jenen letzten Jahren hatten wir uns selten gesehen, und deshalb weiß ich nicht, was mein Bruder über Gerechtigkeit dachte. Damals, als ich ihn ansha, schien mir, dass diese Kategorie des Lebens ihn schon nicht mehr interessierte. Und das nicht deshalb, weil die tägliche, massierte offizielle Propaganda ihn verändert hätte, sondern einfach deshalb, weil diese Kategorie in keinerlei Gestalt Widerklang im realen Leben fand.

Deshalb hatte sich bei meinem Bruder eine andere Weisheit durchgesetzt – Gleichgültigkeit gegenüber unserem hektischen Treiben! Dieser Zustand war um so verwunderlicher, als er einen vormals interessierten und denkenden Menschen traf. Einer Menschen, der für heldenhafte Arbeit und ehrenhaftes Verhalten zumindest zweimal im Leben hätte mit den höchsten Auszeichnungen bedacht werden können, und das nicht im formalen Sinne, sonder im eigentlichen Wortsinn! Das jedoch ist nicht passiert! Konnte nicht passieren! Wo doch alle offiziellen Realitäten im lange so programmiert waren, dass diese Gerechtigkeit nicht stattfand, und das nicht zuletzt uns, den Deutschen, gegenüber.

Es ist heute üblich zu sagen: es war eine schwere Zeit. Fürwar! Aber sie war es nicht von allein, sondern infolgedessen, dass manches in dieser Zeit schlecht gemacht wurde, ganz anders als nötig. Den Schwirigkeiten der Dreißigerjahre etwa waren die zwei überaus abstoßenden Erschainungen des Faschismus und Stalinismus vorausgegangen. Später – in den Virzigern, Fünfzigern, Sechzigern, Sibzigern, Achtzigern (wie lang das war!) – war die Zeit dadurch schwer, dass das abstoßende Umgetüm, das in den Dreizigern geboren worden war, bestehen blieb und sich wandelte zu einer bequemen Form der Herrschaft, bequem für die Ranghohen und für die Speichellecker und Gauner, die ihnen zu Dinsten waren. Die Ranghohen leben gut!.. Die Gauner und Speichellecker hatten ihr Auskommen durch die Gunst der Ranghohen und entsprechende Nebeneinnahmen... Und was die Massen angeht, die mit dem Unausweichlichen konfrontiert waren, so begnügten sie sich in ihrer Mehrheit mit jenem Unausweichlichen. Die vielfachen Leiden der Massen wie auch die nicht funktionierende Wirtschaftsmechanismus waren bereits die Folge dieses teuflischen der Gesellschaft...“

Grunde, mich an das ZK zu wenden, hatte ich mehr als genug. Das war die heimliche Bespitzelung, die gesteigerte Aufmerksamkeit für jede freie Meinungsäußerung. Der fehlende Wunsch, in die Reihen der KPdSU aufgenommen zu werden, wurde als „besonderer Fall“ bewertet, eines Deutschen würdig, natürlich! Daher auch die Folgen: Blokierung der Ausreise; zweitrangige Rollen im Dienst; Diskriminirung meiner Tochter, die die Schule mit Goldmedaille abgeschlossen hatte, beim Zugang zur Universität und bei der Einteilung zur Arbeit usw. usw. Natürlich litt nicht nur meine Familie. Viele Deutsche bekamen, sogar in der “ergleichsweise günstigen“ Zeit, noch mehr ab. Deshalp also erdreisterte ich mich...

Ich gebe zu, wie seinerzeit mein Bruder ertrage ich die Last unserer Wirklichkeit schon nur noch mit Mühe. Doch im Unterschid zu meinem Bruler werde ich mich nicht ergeben, koste es, was es wolle. Und wenn der feiste rotbäckige Beamte mich auch heute bezwingt, so gehe ich doch reinen Gewissens aus dem Leben – ich habe mich gewehrt. Ein Trost wirt mir auch sein, dass meine Widerspenstigkeit es vielleicht, zumindest in einem gewissen Maße, demjenigen leichter macht, der sich nach mir auf den Weg macht durch den Haupteingang... Um Gerechtigkeiz zu erlangen!..“

Ich bin kein zänkischer Mensch. Meine Frau hält mich für gutherzig und über die Maßen sanft. Warscheinlich ist das wahr. Aber sie haben mich ja dazu gezwungen!.. In prinzipiellen Fragen akzeptiere ich natürlich keine Kompromisse. Und wie es sich in der UdSSR mit den Prinzipen verhilt, wissen Sie ja selbst. Daher auch die Wut. Oft wird mir gesagt: „Was willst du denn... hast doch viel erreicht: 30 Jahre an der Akademie der Wissenschaften gearbeitet, habilitert; warst der Erste im Kampf für die Wiedergeburt der Deutschen in Weißrussland, Mitglied im zwischenstaatlichen Rat der Deutschen in der GUS; bist ein angesehener Mann in der freisinnigen Gesellschaft und in der Massenmedien...“ Darauf antwortete ich: „All das nicht dank, sondern trotz der Herrschaftssystems in der UdSSR. Ja, im bekannten Maße war ich erfolgreicher als andere, war gewissermaßen ein „Glückspilz“, aber was hatte das gekostet!!! Nehmen wir zum Beispil die Ausbildung. Um aus der „Müllgrube“, in der ich zwangsweise festgehalten wurde (ein Dorf aus 20 Höfen im tiefsten Sibirien), auszubrechen, musste ich einen wahren Kraftakt vollbringen. Mit 15 ohne Eltern zurückgeblieben, nach acht Schuljaren, drängte es mich, sofort als ein Verlassen des „ständigen Wohnsitzes“ erlaubt worden war, zum Studium. Innerhalb eines Jahres lege ich das fünfjarige Programm des Technikums ab, und zwar ohne eine einzige nur „befridigende“ Note – so waren die Bedingungen meiner Prüfer und der wohlwollenden Leitung des landwirtschaftlichen Technikums Omsk. Ist das nichts?! Ein zweites Mal hätte ich so etwas nicht bewältigt. Dan folgen die Moskauer Staatsuniversitet (Fakultät für Journalistik) sowie die Moskauer Timirjasew-Akademi für Landwirtschaft, die ich beendet habe. Später kamen Promotion und Habilitation an der Akademie der Wissenschaften der BSSR, der Kampf für die Wiedererrichtung der Wolgarepublik der Deutschen, Wiederstand gegen das Regime und vieles andere. Kampf, Kampf, Kampf!.. Ja, in diesem ganzen Leben habe ich mich kein einziges Mal dem Regime gebeugt. Ich kontte das Regime nicht leiden (wofür hätte ich es mögen können) und das verbarg ich nicht. In einem Artikel schrieb ich einmal: „Uber die Haltlosigkeit des Herrschaftssystems der UdSSR wusste ich schon vor meiner Geburt Bescheit“. Ich verstand – „Monster“ richtet sich selbst zu Grunde. Das Reich des Bösen ist zum Untergang verurteilt; die Frage ist nur, wie lange die Agonie andauert. Gleichzeitig waren auch Ambitionen – schließlich wollte ich, dass aus mir etwas wird, wollte etwas Nütziges tun. Dafür ist die Jugend doch da! Aber wie kann man vorwärts kommen, wen man kein Halunke ist, kein Lakai, und außerdem ein „potenzieller Volksfeind“, nämlich Deutscher? Nur durch unwarscheinliche Anstrengungen ist ein Durchbruch möglich, und das auch nur, wenn man dank vorübergehender günstiger Umstände „in den Strom“ gerät.

Ja, möglicherweise hat mich in mancherlei Hinsicht tatsächlich das Glück begleidet, aber, wie gesagt, was hatte es gekostet, diesem Glück die Grundlage zu bereiten!!! Wir, die „Glücklichen“, waren verdamt zum Handeln, denn die stickige Atmosphäre unserer sozialen Umgebung ließ uns keine andere Wahl.

Was stand hinter unseren Handlungen? Wir konnte die ungeheure Willkür nicht ertragen, die in der UdSSR zu vielgestaltigen und zahlreichen Leiden bei jedem von uns und unseren Verwandten geführt hatte. Wir konnten nur protestieren und die Ungerechtigkeit uns gegenüber ins Bewusstsein der Menschen rücken. Aber wenn man bedenkt, dass wir es mit einem unfernünftigen Wesen, genauer gesagt mit einer „verirrten Bestie“ zu tun hatten, so ist das doch zumindest etwas.

Nach so vielen negativen Äußerungen über die Sowjetmachz muss ich nun allem eine knappe Erläuterung geben und dabei gleichzeitig auf die Manier der Beamten der Führungsschicht hinweisen. Ich meine das Etikett „Volksfeind“, das uns angeheftet wurde. Wenn man dir Tag und Nacht vorhält, dass du anders bist als die anlere, dan machst du dir mit der Zeit unfreiwillig Gedanken: villeicht stimmt wirklich irgentwas nicht? Es gibt ein Sprichwort: „Sag zu einem Menschen: Schwein, Schwein, Schwein – und er fängt an zu grunzen“. Ich habe nicht „gegrunzt“, obwohl mir erst zur Zeit der Perestrojka, nach den Worten Gorbatschows zu den allgemeinen menschlichen Werten, wirklich klar wurde, wer ich bin. Ehrenwort, ich konnte die tränen nicht zurückhalten bei dem Gedanken, dass sich endlich etwas bewegt und wir alle, also auch das russische Volk, jenes Wertesystem erlange, das dem Menschen wirklich würdik ist. Eben darin bestand wohl das „Feindliche“ meines Wesens..., wärend die tatsäslich feindseligen Taten der Machthaber in der UdSSR nicht in Rechnung gestellt wurden. Und das waren doch Prowokation und Entfesselung weltweiter und regionaler Kriege, Folter, Verbannung und die Ausrottung eigener Völker sogar zu Friedenszeiten, Gewalt an Seele und Verstand von Hunderten Millionen Menschen. Erinnern wir uns zum Beispiel an die Arbeitslager für Russlanddeutsche, an die künstliche Hungersnot in der Ukraine und in der Wolgarepublik; an den schweren Stifeltrit der Scheusale vom NKWD, an die NKWD-Spitzel selbst, die nachts in schlafende Häuser eindrangen und Vater, Bruder oder Tochter mitnahmen mit unbekantem Ziel. Erinneren wir uns an die ergrauten alten Frauen, die, verrückt geworden, bis auf den heutigen Tag auf die Ruckkehr ihrer Verwandten von jenem „unbekannten Ziel“ warten. Erinnern wir uns an die Berliner Mauer, den Eisernen Vorhang, Afghanistan, Tschetschenien! Erinnern wir uns zum hundertsten Mal daran, was mit jedem von uns war! Erinnern wir uns!.. Erinnern!..Erinnern!.. Lange, sehr lange kann man sich erinnern!.. Und jetzt die kurze Auskunft:

Mein Vater, David Meißner, starb 1936 im Alter von 37 Jfhren an der Wolga (Autonome Republik der Deutschen), fünf Monate vor meiner Geburt.

Meine Mutter, Maria Meißner (geb. Wasenmiller), starb 1952 mit 49 Jaren in der sibirischen Verbannung.

Meine ältere Schwester Emma starb 1953 im Alter von 28 Jaren, ebendort.

Mein älterer Bruder Waldemar starb 1980 in einer atomar verseuchten Ortschaft, ebendort.

Am Leben bleib meine jüngere Schwester Mina. Sie lebt in einem Dorf in Moldawien. Sechs Kinder, Hatte von einem mondenen Leben geträmt, kultewierter Geselschaft. Seit der Kindheit – Sklavenarbeit in der Kolchose. Undjetzt schleicht sich unmerklich das Alter ein.

Viktor, mein mittlerer Bruder, schaffte vor der Verbannung eine Klasse in einer deutschen Schule an der Wolga. Ein Arbeitstier. Sieben Kinder. Uber das Sowchosendorf kam er nicht hinaus.

Was den Geist angeht, schätze ich alle meine Geschwister sehr hoch. Arbeitsamkeit und Ehre, das sind ihre Gruntwerte. Unsere Mutter war und bltibt für uns eine Ikone!..

Und dennoch..., von allen Verwandten habe nur ich es ins gelobte Deutschland geschafft. Im Gegensatz zu den anderen hat das Regime mich nicht gänzlich erdrückt, es hat mich nicht erdrükt! Ich bin meinen Weg bis zu ende gegangen. Deutschland war für mich immer meine Heimat, denn eine andere gab es nicht, und es ist tatsächlich meine geistige Heimat und die Heimat meiner Vorfahren! In der BRD ankommen, atmete ich auf: „Bin also endlich zu Hause!..“ Und das vollkommen aufrichtig.

 

 

 

 

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